Erstes Interview: Reporter sprach mit Natascha Kampusch

Ihr Schicksal bewegt die Öffentlichkeit: Natascha Kampusch war 1998 im Alter von zehn Jahren entführt worden. Acht Jahre lang wurde sie von ihrem Entführer in einem Kellerverlies gefangen gehalten. Seitdem ihr vor zwei Wochen die Flucht gelang, lebt die 18-Jährige an einem unbekannten Ort, geschützt vor Paparazzi. Der österreichische Fernsehjournalist Christoph Feurstein hat mit Natascha Kampusch gesprochen.

"Sehr energiegeladen, sehr aktiv und voller Wünsche"
Die junge Wienerin sei "etwas verschnupft" gewesen, aber "sehr energiegeladen, sehr aktiv und voller Wünsche für die Zukunft". Er habe eine "sehr selbstbewusste, intelligente Frau" getroffen, sagt Christoph Feurstein. Seit der Entführung der damals Zehnjährigen im März 1998 hatte er im Österreichischen Rundfunk (ORF) immer wieder über ihren Fall berichtet. Natascha Kampusch habe ihn mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Charakter beeindruckt und erstaunt. Man dürfe sich aber nicht täuschen lassen von ihrem Auftreten und müsse im Hinterkopf immer die Situation behalten, in der sie mehr als acht Jahre lang gelebt habe.

"Es war wirklich beeindruckend und erstaunlich, man hat ja schon viel in der letzten Zeit gelesen in Zeitungen oder auch im ORF hat man es gehört, dass man es hier mit einer sehr selbstbewussten, intelligenten jungen Frau zu tun hat. Genau diese junge Frau habe ich dann auch getroffen. Ich war wirklich erstaunt. Sie hat artikuliert, was sie will. Sie sagt ganz klar, worüber sie nicht sprechen will." Christoph Feurstein


Mit Blicken um Hilfe gefleht
Er habe selbst "Gänsehaut bekommen" in Momenten, als sie vom Morgen der Entführung erzählt habe oder von der "unheimlichen Stille" in dem winzigen Verlies im Haus ihres Entführers Wolfgang Priklopil. Erschüttert hätten ihn ihre Aussagen, wonach sie bei den wenigen Gelegenheiten, in denen ihr Entführer sie etwa mit zum Einkaufen genommen hatte, mehrmals Menschen mit den Augen um Hilfe gebeten habe.


"Eine Sache, die mich wahnsinnig erschüttert hat, ist, dass sie ja mit dem Herrn Priklopil auch das Haus verlassen hat. Er hat sie teilweise mitgenommen und sie erzählt mir heute, dass sie immer wieder mit den Augen mit Menschen Kontakt aufgenommen hat. Sie wollte denen zu verstehen geben: Bitte helft mir! Und niemand hat reagiert." Christoph Feurstein


Natascha Kampusch ist bei ihrem ersten TV-Interview nach ihrer Entführung und ihrer Flucht ohne Verkleidung aufgetreten. Es sei ihr eigener Entschluss gewesen, sagte der Journalist Christoph Feurstein, der das Interview mit der 18-Jährigen am Dienstagnachmittag geführt hatte. Die Aufzeichnung wurde am Mittwochabend im Österreichischen Fernsehen ausgestrahlt. Im Ersten wird das Interview nach Mitternacht zu sehen sein.

Quelle: ARD.de